Wie lassen sich Bürgerinnen und Bürger dafür erreichen, beim Thema sexuelle Gewalt Verantwortung zu übernehmen? Und wie kann dadurch der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Ort verbessert werden? Das Kampagnenteam und Wildwasser Gießen luden an einem Samstagnachmittag Gießener Bürgerinnen und Bürger ein, ihre Ideen für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt zu diskutieren. Danach war klar: Wir machen weiter.
Gießen: Bürger*innenrat gegen sexuelle Gewalt
“Wir wollen in Zukunft noch mehr Sprechräume schaffen, damit Bürger*innen Informationen zum The¬ma bekommen miteinander ins Gespräch kommen, Unsicherheiten abgebaut wer¬den und Hilfsangebote sichtbar werden. “
Julia Birnthaler Mitorganisatorin und Leitungskraft bei Wildwasser Gießen
Welche Ideen haben Bürgerinnen und Bürger?
Stößt ein Bürger*innenrat zu sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche nicht vor allem auf Abwehr und Ablehnung? Ist das nicht sowieso eher ein Thema für Fachleute oder höchstens für Menschen, die beruflich mit Kindern zu tun haben? Und was soll denn da groß beredet werden, ist nicht alles längst geklärt? Diese und noch mehr Fragen haben wir uns auch gestellt, bevor wir beschlossen haben: Wir probieren es einfach aus, gemeinsam mit einer Fachberatungsstelle.
Das Ergebnis unseres ersten Bürger*innenrats zum Thema „Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt“ hat uns vollends überzeugt, dass das Konzept Bürger*innenrat ideal ist, um vor Ort nicht nur Interesse am Thema zu wecken, sondern vor allem Engagierten und bisher wenig Involvierten eine Plattform für den Austausch zu bieten. Denn, so haben die Teilnehmer*innen in Gießen einvernehmlich festgestellt: Es ist extrem wichtig, in guter Gesprächsatmosphäre eigene Ideen, Erlebnisse und Schwierigkeiten im Umgang mit dem Thema besprechen zu können. Und dabei die gute Erfahrung zu machen, dass kein Gedanke und keine Idee „zu doof“ ist, sondern wirklich alle mitsprechen können. Bei einem Thema, das ja auch alle angeht.
Unser Good-Practice-Projekt hat gezeigt: Menschen – ob direkt betroffen oder nicht – brauchen mehr Möglichkeiten, um über das Thema zu sprechen. Bereits das ist schon Grund genug, vor Ort einen Bürger*innenrat zu veranstalten.
Und noch etwas hat sich bei unserem Bürger*innenrat gezeigt: Es kann tatsächlich Spaß machen, sich darüber zu unterhalten, wie Kinder und Jugendliche besser vor sexueller Gewalt geschützt werden können. Und wie man andere Erwachsene dafür gewinnen kann, Verantwortung für Kinderschutz zu übernehmen. In Gießen gab es leidenschaftliche Debatten, gute Ideen und überraschende Perspektiven. Und alle waren erstaunt, wie schnell die Zeit vorbei war. Einhellige Meinung am Ende des Nachmittags: „Das sollten wir öfter machen.“
So geht Bürger*innenrat
Was in Gießen so großartig funktioniert hat, kann überall nachgeahmt werden: Aus den Ideen und Erfahrungen, die wir beim Bürger*innenrat in Gießen gesammelt haben, ist eine Anleitung entstanden, mit der auch anderswo eine Austausch-Veranstaltung organisiert werden kann: Von der Planung und Vorbereitung über die Auswahl der Teilnehmer*innen und die Ansprache von Partner*innen bis zur Durchführung selbst. Dieses Heft bietet praktische Schritte und Tipps, wie Sie bei sich vor Ort eine Debatte zum Schutz von Kindern anstoßen können. Damit über Missbrauch von Kindern und Jugendlichen nicht nur in Gießen gesprochen wird, sondern das Thema überall von Bürgerinnen und Bürgern besprochen wird.
Hilfe-Angebote
Bist Du betroffen? Hat sich dir jemand anvertraut? Hast du eine Vermutung oder einen konkreten Verdacht? Dann wende dich an unsere Hilfe-Angebote: